15.Sep.1999
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Glosse: Reaktionen auf das Statement von Tom Schmidt
Chris Hodges und Wolfgang Czepan haben sich Gedanken zu den Ereignissen bei Amiga gemacht:
From: Chris Hodges hodges@informatik.tu-muenchen.de
To: Petra Struck petra.struck@online-club.de
Date: Wed, 15 Sep 1999 16:50:10 +0100
Subject: Glosse
An die Amiga Gemeinde
Danke für Eure jahrelange Unterstützung und Loyalität gegenüber Amiga. Aber
nun bin ich hier um Euch ein für alle mal klarzumachen, daß in der
Industrie kein Platz für den "Geist des Amigas" ist.
In den letzten paar Wochen haben tausende eMails und Nachrichten von
blinden Lemmingen meine In-Box verstopft, die sich viel zu viele Sorgen
über die Zukunft des Amiga machen, weil sie die Geschehnisse bei Amiga Inc.
vielleicht doch richtig zu deuten wissen. Ich war sichtlich genervt und
habe diese Mails natürlich ungelesen gelöscht. Eure Meinung ist völlig
irrelevant, der Pfad ist doch sowieso schon längst eingeschlagen.
Fakt ist... um J.M. Straczynski zu zitieren "Viel schwerwiegender als der
Tod der körperlichen Materie, ist der Tod der Hoffung, der Tod der Träume.
Und vor dieser Gefahr dürfen wir niemals kapitulieren." In dieser Hinsicht
sind die Amigianer tatsächlich nicht tot zu kriegen -- nein im Gegenteil:
Gerade nach meinen vernichtendem Executive Update scheint sich mehr und
mehr Energie in Projekten wie AQUA/Amino oder Phoenix zu konzentrieren. Ich
empfinde das mehr als verwirrend, habe ich ja noch nie einen Amiga besessen
oder damit gearbeitet.
Beim Amiga ging es -- und da müßt ihr mir zustimmen -- niemals um ein
Computersystem. Es ging nicht darum, daß das Arbeiten am Amiga effizient
war und Spaß gemacht hat. Nein, die Amiga-Gemeinde war schon immer eine
Gruppe illusionierter, präpubertärer Fratzen, die eigentlich nur aus Trotz
immer wieder behauptet hatte, "Mein Computer ist besser als deiner!".
Amiga-User hofften, die Welt zu verbessern. Tja, leider kommt ihnen da
immer wieder was in die Quere, oder? Warum? Weil der Amiga niemals
allgegenwärtig wurde.
Das werde ich jetzt ändern. Der Amiga wird in Zukunft als Plug-In
existieren. Ja, ich weiß, vielleicht glaubt ihr vor ein paar Wochen noch
andere Pläne gelesen zu haben, keine Angst, das waren nur Halluzinationen.
Ich selbst habe nie diese Pläne gelesen.
Kein OS mehr, keine Hardware, man braucht nichts selbst zu entwickeln,
nein, man wird in Zukunft die Gurumeditationen sogar auf Digital-Uhren
bekommen können! Ich persönlich bin schon sehr begeistert! Amiga als
Applikation in jeder Mikrowelle. "Amiga for Windows"... denkt darüber nach.
Amiga und sein revolutionärer Geister verdienen nichts besseres als das. Es
ist ein neuer Mega-Trend und Amiga wird an vorderster Front dieser nächsten
großen Kampfeinheit in der Computergeschichte stehen -- und von
verräterischen Söldnern wie mir erschossen werden. Dafür haben wir uns
entschieden, als wir von einer ziemlich großen Firma eine nicht
unerhebliche Bestechungssumme kassiert haben.
Also: Lang lebe Amiga, aber wenn Ihr denkt, daß derjenige, der Amiga
besitzt, ihn auch vernichten kann, dann habt ihr die Vergangenheit nicht
verstanden. Bei Amiga Inc. geht es um einen profitableren Weg. In den
kommenden Monaten, versprochen, werden wir Euch über Fortschritte bei der
Zerstörung des leblosen Amiga-Körpers auf dem Laufenden halten, und wenn
Ihr uns nicht weiter unterstützen wollt: bei Gateway kann man auf die alte
Userbasis verzichten -- ein paar neue Dumme werden schon drauf reinfallen.
Amiga Inc. kann die Industrie nicht revolutionieren und die Welt verändern.
Dazu braucht es Visionäre.
Lang lebe Amiga Inc.,
Thomas J. Schmidt,
President & C.E.O.
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Chris Hodges, 15. September 1999
*********************
From: Wolfgang Czepan czepan@laura.soem.uunet.de
To: Petra Struck petra.struck@online-club.de
Date: Wed, 15 Sep 1999 00:51:52 +0200
"Als Antwort auf einen Forumsbeitrag: ...
Irgendwer muß ja den ersten Amiga gekauft haben..."
Ich geb`s ja zu...
Ich war`s...,
der damals den ersten Amiga gekauft hat...
Wenn ich gewußt hätte, was ich damit anrichte, hätte ich es sicher
nicht getan, ich schwör`s! Beim Leben meiner ersten Festplatte :-))
Fazit: Gelernt und nie vergessen:
Kaufe nie als erster ein Produkt, zwischen 10 und 100 tausend oder
noch mehr könnten Dir folgen und anschließend nicht beschreibare
Leiden erdulden müssen! Kann man das verantworten? Ich sage nein!
Unendliches Leid habe ich über tausende und abertausende gebracht,
von denen ich nicht mal die Hälfte kenne. Seit Jahren treu zur Fahne
stehend, haben sie Ozeane an Tränen durchquert, bis zuletzt immer
wieder am Honig der Hoffnung genippt... vor allem aber eins:
Sich zu nicht belehrbaren Fanatikern entwickelt, die emotional nur
noch in der Lage sind, extreme Höhen oder Tiefen zu erleben.
"Jim Collas, tritt zurück!" (Quelle: Forum Funtime-world)
"Jim Collas, komm zurück!" (Quelle: Forum AC)
Es ist nicht zu fassen:
Inzwischen werden sogar Smileys "gedeutet"!
Fehlt bloß noch, daß jemand die Ladezeit der AI-Homepage interpretiert,
aber das kommt auch noch, wetten?
What happened?
Alsooo:
Ein Computer, der laut Meinung der "Gemeinde" ("Amiga=Gott"), sowieso
kein Amiga mehr gewesen sein würde, wird nicht gebaut (oder vielleicht
nicht gebaut oder er hätte sowieso soo nicht gebaut werden sollen oder
können).
Was passiert?
Die gleiche Gemeinde erleidet kollektiv akute Diarrhoe und fühlt sich
erneut verraten (wieso eigentlich erneut?; Den Walker wollte auch
keiner haben).
Die Gemeinde wird - nach ihrem eigenen Selbstverständnis - sowieso
ständig verraten (und verkauft, hihi).
Sie braucht das auch, mindestens, um ihre Diskussionsforen zu füllen,
weil sonst die Ladezeiten gewaltig runtergingen...
Sie braucht es, weil am Computerhimmel ja immer der schreckliche
Wintel-Gott, der den Amiga-Gott zu seinem persönlichen Feind erklärt
hat, droht. Dem "Amirage-Gott", der seit Neuestem seine Kreise zieht,
mag der eine Teil noch nicht so recht trauen... was ihm den Haß des
anderen Teils einbringt, der genau in diesem den neuen Heilsbringer
sieht :-)
Der "Boxer-Gott" verspricht da nur wenig Abhilfe, da er nicht in
der Lage ist, Armageddon zu gewinnen. Ebensowenig wie der
"IWIN-Gott". Da hilft es auch wenig, wenn "AI-Gott" plötzlich als
Teufel "erkannt" wird. Die Gemeinde leidet Höllenqualen (sic!).
Was soll die Gemeinde machen?
Sie will sich ihren eigenen Gott schaffen. Klasse.
Nun gibt es fürchterlich wenig brauchbare (wenn überhaupt eine)
Definitionen von "Gott". Wollte man die noch am meisten plausiblen
heranziehen (und das sind keine Definitionen), so ergibt sich als
eine der Quintessenzen: "Gott kann Sachen, die wir nicht können".
Mithin will die Gemeinde ihren "Gott" selber schaffen, was aber
à priori nicht möglich ist; niemand kann das Ideal verkörpern,
woran er glaubt. Die Gemeinde begeht den Fehler, zu denken (?),
sich mit dem "spirit of amiga" zu identifizieren, genüge, selbst
"spirit" zu werden. Der "spirit" lebt in der Gemeinde, das ist wahr,
aber die Gemeinde ist nicht der "spirit" (genausowenig wie ich
Beethovens 9te bin).
Die Gemeinde ist, leicht nachzuweisen, manisch depressiv.
Beweis: Sämtliche Foren, die von Gefühlsausbrüchen überquellen.
Onkel Sigmund hätt` sich ge"freud".
Beim Lesen des Ac-Forums - neulich - tippte mir mein Alter Ego auf
die virtuelle Schulter und fragte: "Wovon redet Ihr da eigentlich?
Von Computern? Ich dachte immer, die sollen das Leben erleichtern und
nicht zur Hölle machen?" Stimmt wohl.
Ich, für meinen Teil, werde in Zukunft sehr darauf achten, nie wieder
etwas als Erster zu kaufen; DAS tu ich mir nicht nochmal an!
Wolfgang Czepan (ps)
[Meldung: 15. Sep. 1999, 08:00] [Kommentare: 0]
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