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04.Aug.2004 |
Interview mit Sven Luther (Genesi) Im Rahmen des Linux-Tages in Karlsruhe Ende Juni nutzte Christoph Dietz vom amiga-news.de-Team die Gelegenheit, am Debian-Stand Sven Luther zu interviewen, Genesis Manager für Linux-Entwicklung (Fotos). Der Inhalt des Interviews wurde dieser Tage aktualisiert. amiga-news.de: Sven, beschreibe dich doch bitte kurz für unsere Leser. Sven Luther: Ich bin vor kurzem 32 Jahre alt geworden, stamme aus Bielefeld, wo ich die ersten fünf Jahre meines Lebens verbrachte, und lebe nun in Straßburg (Frankreich). Ich bin verheiratet und werde im November zum ersten Mal Vater. Nach der Schule studierte ich fünf Jahre Informatik und war anschließend zwei Jahre im Auslandseinsatz der französischen Armee auf den Philippinen stationiert. Dort lernte ich schon 1997 Linux kennen und installierte es auf meinem Amiga 1200 (m68k), später dann auch als PPC-Version. Zurzeit stehe ich kurz davor, meinen Doktortitel in Informatik zu erlangen. Witzigerweise habe ich in dieser Zeit einen Studenten betreut, den ihr sicherlich von Thendic her kennt, Nicolas Sallin. amiga-news.de: Du bist hier auf dem Linux-Tag mit deinem Pegasos auf dem Debian-Stand anzutreffen. Wie aktiv bist du im Debian-Projekt? Sven Luther: Seit 1998 bin ich Debian-Entwickler, derzeit hauptsächlich für die Pegasos-Portierung. Aber ich bin auch Maintainer des 2.4er PPC-Kernels, sowie für "parted" (ein Partitionierungs-Tool), einige GNOME-Pakete, ocaml - eine Programmiersprache, die ich auch genutzt habe, um die Programme meiner Doktorarbeit zu schreiben - und noch einige andere Dinge. Für XFree habe ich Treiber für die Permedia-Grafikkarten geschrieben. Aktuell bin ich in Kontakt mit 3D-Labs. amiga-news.de: Wie bist du zu Genesi gekommen? Sven Luther: Durch Nicolas Sallin, den ich ja - wie oben erwähnt - schon während meiner Doktorandenzeit betreut habe. Es wurde jemand gesucht, der die Portierung von Linux auf den Pegasos übernahm. amiga-news.de: Und was machst du heute bei Genesi? Sven Luther: Ich bin bei Genesi hauptberuflich angestellt als "Linux Development Manager". amiga-news.de: Anfang des Jahres wurde ja öffentlich, dass Genesi ausstehende Gehälter nicht gezahlt hat (amiga-news.de berichtete). Wie sieht es denn heute aus? Sven Luther: Genesi ist finanziell wieder auf der Bahn. amiga-news.de: Vor wenigen Tagen erst [am 24. Juni; d. Red.] hast du ja wieder einen neuen 2.4er Kernel für den Pegasos veröffentlicht. Gibt es konkrete Pläne, die Unterstützung des Pegasos in den offiziellen LinuxPPC-Kernel aufzunehmen? Sven Luther: Ja, definitiv. Ich habe inzwischen die Pegasos-Patche bereinigt und Benjamin Herrenschmidt (benh) zugeschickt. Sie werden hoffentlich bereits in den 2.6.8-Kernel aufgenommen oder ansonsten in die Version danach. Eine Rückportierung dieser Patche in die offiziellen 2.4-Kernels wird nicht erfolgen - die Zukunft liegt in den 2.6er Kernels. amiga-news.de: Wie sieht es denn aus mit der nun vorhandenen GBit-Netzwerkunterstützung im Pegasos? Sven Luther: Sie funktioniert einwandfrei und ist bereits in den Debian-Kernel 2.6.7-4 integriert. Es wird allerdings auch noch das demnächst kommende Update der Open Firmware benötigt. Die letzten mir bekannten Transferraten liegen bei 110 - 120 MByte/sec (nicht Mbit/sec!), das ist knapp unter der maximalen Bandbreite. Unterstützt werden vom Treiber prinzipiell beide GBit-Ports der Marvell-Northbridge, allerdings fehlt für den zweiten noch ein Hardware-Adapter - aber welcher Normalanwender benötigt schon drei Ethernet-Anschlüsse in seinem Rechner. amiga-news.de: Zur Nutzung des Ethernet-Adapters ist ein Update der Open Firmware nötig. Kannst du erklären, warum? Sven Luther: Es ist einfach die sauberste Lösung. Das Problem ist, dass auf den Pegasos-Rechnern keine eindeutige MAC-Adresse eingestellt ist, sondern diese sich aus mehreren Faktoren errechnet. Mangels bisheriger Unterstützung des Ethernet-Adapters ist erst jetzt aufgefallen, dass diese bei allen Pegasos-Boards die gleiche ist. Ein Problem bekommt also nur der, der mehrere Pegasos-Computer miteinander vernetzt. Natürlich können erfahrene Anwender beliebige MAC-Adressen auch softwareseitig einstellen. Da die neue Open Firmware aber neben einigen Hardware-Initialisierungen auch noch eine verbesserte RAM-Unterstützung sowie ein Netzwerk-Booten über den Marvell-Ethernetport ermöglichen wird, rate ich jedem Anwender zum Update. amiga-news.de: Wir konnten vor kurzem von eurer Teilnahme am Smart Networks Developer Forum sowie einem Training für Field Application Engineers von Freescale berichten. Wie hast du beides erlebt? Sven Luther: Wir sind auf sehr viel Interesse am Pegasos (mit Open Desktop Workstation) als nativer Entwicklungsumgebung für so genannte "Embedded"-PPC-Systeme gestoßen. Freescale ist der mittlerweile verselbständigte Unternehmensbereich Semiconductor von Motorola. Freescales Field Application Engineers können nun, nach dem Training, ihren Kunden unser System für die Software-Entwicklung anbieten. Einer der Teilnehmer entdeckte, während wir die Open Firmware behandelten, die RDB-Unterstützung und "outete" sich begeistert als ehemaliger Amiga-User. amiga-news.de: Raquel Velasco und Bill Buck haben vor einiger Zeit die Möglichkeit der Lizenzierung der kompletten Pegasos-PowerPC-Hardware angekündigt. Ist dies weiterhin möglich? Sven Luther: Wir können mit Freescale als sehr bekanntem Unternehmen wesentlich mehr Kunden erreichen. Deshalb bin ich sicher, dass der Großteil in Zukunft über Freescale laufen wird. Aber natürlich besteht aus meiner Sicht auch weiterhin die Möglichkeit, direkt über uns die Hardware zu lizenzieren. amiga-news.de: Wie siehst du die Behauptung der SCO-Group, Codediebstahl in Linux nachweisen zu können? Sven Luther: Sehr lustig. Es hat einen guten Unterhaltungswert. Einige der von SCO vorgelegten Header-Dateien sind eindeutig aus dem Linux-Port für den Amiga und sicherlich definitiv nicht im Standard-Kernel enthalten. Für mich sieht das Ganze aus wie eine Taktik Microsofts, Linux zu schädigen. amiga-news.de: Danke für dieses interessante Interview. Möchtest du unseren Lesern noch etwas mit auf den Weg geben? Sven Luther: Es hat mich auch sehr gefreut. Ich wünsche mir, dass die andauernden Streitereien zwischen dem Amiga- und Pegasos-Lager aufhören. Dem Markt wurde dadurch schon zu viel Schaden zugefügt. Fotos vom Linuxtag 2004 [Meldung: 04. Aug. 2004, 06:14] [Kommentare: 63 - 06. Aug. 2004, 13:54] [Per E-Mail versenden] [Druck-Version] [ASCII-Version] | ||||||
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