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20.Mär.2002 Andy Mülle-Maguhn (E-Mail) |
CCC: Internet-Zensur in Nordrhein-Westfalen Düsseldorf - Köln-Bonn - Berlin, 20.03.2002 Pressemitteilung des Chaos Computer Club e.V. Internet-Zensur in Nordrhein-Westfalen: Regierungspräsident Büssow zeigt sich einsichtig gegenüber Kritik an laufender Sperrverfügung Der Düsseldorfer Regierungspräsident Jürgen Büssow, verantwortlich für das derzeitige Filter- und Zensurengagement einiger Internet-Service Provider in Nordrhein-Westfalen, zeigt sich im Gespräch mit dem Chaos Computer Club erstaunlich einsichtig gegenüber öffentlichen Kritik an seinem Aktionismus. (Weitere Informationen zum Thema finden Sie hier und hier).
Die beim gemeinsamen Gespräch von den CCC-Sprechern Jens Ohlig und Andy
Müller-Maguhn vorgebrachte Kritik, die Sperrung extremer Inhalte würde von
den mangelnden Konzepten bei der politischen Bekämpfung des Extremismus nur
ablenken, verblieb im Raum. Verwiesen wurde auf entsprechende
medienpädagogische Ideen, die derzeit in Absprache mit der Schulabteilung
der Bezirksregierung entwickelt würden.
Letztendlich könne laut Büssow nur ein Gericht entscheiden, ob sich die Bezirksregierung Düsseldorf mit ihrer Verfügung im gesetzlichem Rahmen bewege. Im Hintergrund der Zensur-Versuche in Nordrhein-Westfalen entstehen mittlerweile kommerzielle Begehrlichkeiten. So ist beispielsweise ein Produkt der in St. Augustin bei Bonn ansässige Firma BOCATEL entwickelt worden. Das Unternehmen des angeblichen Internet-Experten und Rechtsanwalts Michael Schneider, der bereits mehrfach im Kontext zweifelhalter Internet-Inhalte tätig war, erprobt hier mit Unterstützung der Düsseldorfer Bezirksregierung ihr kommerzielles Projekt "Filterpilot". Besonders problematisch ist dabei die teils freiwillige Mitwirkung der Hochschulen in NRW. Die Hochschulen, eigentlich unter dem Grundrecht der freien Lehre vor derartigen Beschränkungen geschützt, haben nicht einmal den Versuch unternommen, gegen die ihnen behördlich auferlegte Sperrverfügung anzugehen. Im Gegenteil scheint man sich hier an dem kommerziellen Sperrversuch als eine Art unbezahltes Testfeld zu beteiligen. Erst in der später ergangenen Sperrverfügung sind zeitlich und räumlich begrenzte Ausnahmeregelungen für wissenschaftliche Auseinandersetzungen mit derartigen Inhalten ergänzt worden. Damit ist in Nordhrhein-Westfalen für Kunden von Internetanbietern und Studenten der ortsansässigen Universitäten ein gefilteres Internet entstanden, wie es bisher nur aus Staaten wie dem Iran, Irak oder der VR China bekannt war. Nicht nur beim Chaos Computer Club ist dabei der Eindruck entstanden, die Bezirksregierung Düsseldorf bewirbt sich mit der Abschaffung des freien Netzzugangs für alle Bürger um einen ständigen Platz in der Achse der Blöden. Ein entsprechender Aufruf, die Sperrverfügung zurückzunehmen und allen Bürgern auch weiterhin die Möglichkeit zu bieten, sich selbst eine Meinung über die Zustände auf diesem Planeten zu bilden, wurde neben dem CCC auch vom Jugendpresseverband, den JungdemokratInnen und weiteren Organisation wie dem virtuellen Ortsverband der SPD unterzeichnet. (Weitere Informationen finden Sie hier). Auch die Internet-Initiative ODEM.ORG wehrt sich gegen die Sperrungen und befürchtet einen gesellschaftlichen Rückschritt durch Internet-Zensur. Eine entsprechende Erklärung gegen die Einschränkung der Informationsfreiheit haben mittlerweile tausende von Initiativen und Einzelpersonen, wie die "Reporter ohne Grenzen" und der SPD-Bundestagsabgeordnete Jörg Tauss unterzeichnet. "Eigentlich gehört dieser Unsinn, auch angesichts des im Grundgesetz formulierten Zensurverbotes, hier ja staatlicherseits verboten. Allerdings scheint die Bezirksregierung Düsseldorf sich hier mehr an die Ausnahmeregelungen des Grundgesetzes, als der Grundgesetzartikel selbst zu errinern." fasste CCC-Sprecher Andy Müller-Maguhn die Problemlage zusammen. "Das Projekt des Herrn Büssow kommt etwa einem staatlichen Aufruf an alle Bürger gleich, vor bestimmten Inhalten doch die Hände vor die Augen zu halten. Damit löst man aber keine gesellschaftlichen Probleme", ergäntze CCC-Sprecher Jens Ohlig und bekräftigte damit, dass man den grundrechtsfeindlichen Vorstoß der Bezirksregierung keineswegs tolerieren möchte.
Für Samstag den 06.04.2002 ist in der Düsseldorfer Innenstadt eine
Demonstration gegen die Zensurversuche der Bezirksregierung Düsseldorf
geplant. Weitere Informationen hierzu gibt es im Internet unter
http://www.netzzensur.de/. (ps) | ||
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