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14.12.2007, 14:39 Uhr

_PAB_
Posts: 3016
Nutzer
Es handelt sich hier um ein theoretisches Gedankenexperiment,
welches zeigen soll, wie seltsam unsere Moral manchmal ist.

Von Dir wird eine Entscheidung abverlangt, die über Leben und Tod von vielen Menschen bestimmt.
Alle Beteiligten sind Dir völlig unbekannt und sozusagen gleichwertig.
Die Situation ist zwar ein wenig konstruiert, aber sie soll auch nur zum Nachdenken anregen.

Zwei Züge rasen aufeinander zu, wegen eines Weichenfehlers auf dem gleichen Gleis.
Beide Züge haben ungefähr hundert Fahrgäste, wobei maximal eine Person überleben würde.
Wenn Du aber ganz schnell eine Weiche umstellen würdest, würden alle, bis auf eine Person überleben.
Stellst Du die Weiche um ?
(Die meisten Leute antworten hier sofort mit: JA!)

Nun ist die Situation etwas anders:
auf dem Nebengleis steht eine Person, die getötet würde, wenn Du die Weiche umstellst.
Du würdest diese Person also aktiv töten, würdest Du es tun, wenn Du dafür die anderen rettest ?
(Die meisten Leute zögern hier oder antworten sogar mit: NEIN!)

Das Verrückte ist, die Situation ist exakt dieselbe: die eine Person vorher *war* die Person, die gerade auf dem Nebengleis steht...

Hier zeigt sich die Verzwickte Situation, die sich aus unserer Moral manchmal ergeben kann - weil jemand eine einzelne (konkrete) Person nicht aktiv töten kann oder will, würde er/sie dadurch sogar den passiven Tod von hunderten anderer in Kauf nehmen ?

Was meint ihr ?
(Speziell Majas Antwort(en) würden mich interessieren.)


Edit:
Ach so, die obigen Umfragen wurden *getrennt* voneinander durchgeführt, der Vergleich der Situationen war den Probanden also nicht möglich.
Hier schon, daher erwarte ich auch nicht so ein klares Ergebnis wie bei der Umfrage.

[ Dieser Beitrag wurde von _PAB_ am 14.12.2007 um 14:45 Uhr geändert. ]

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15.12.2007, 10:37 Uhr

DrNOP
Posts: 4118
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War es nicht unser allseits beliebter Innenminister, der vor ca. einem halben Jahr öffentlich darüber nachdachte ob man Flugzeuge, die von Terroristen gekapert wurden, nicht von der Luftwaffe abschießen lassen kann? Das ist die gleiche Rechnung.

Diese Rechnung ist aber schon so alt wie es Armeen gibt:
Seit nicht mehr jedes Stammenmitglied in den Krieg zieht und sein Tomahawk schwingt fragt sich jeder Stammesvorsteher: Wie groß muß meine Armee sein, um einen Nutzen zu haben? Und was rechnet er sich letztendlich aus? "Wie viele Soldaten kann/muß ich opfern, um den Rest meines Volkes zu beschützen?" Oder, im Fall einer geplanten Eroberung: "Wie viele Soldaten muß ich opfern, um das Leben meines restlichen Volkes zu verbessern?"

Seit Anbeginn der Zeit werden Leben gegen Leben aufgerechnet. In Zeiten der Überbevölkerung kann man das immer noch tun, muß es aber nicht. :glow:
--
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15.12.2007, 14:04 Uhr

_PAB_
Posts: 3016
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@DrNOP:
Nein, hier geht es nicht ums "rechnen" - das Resultat ist ja in diesem Beispiel absolut identisch.
Man wiegt ja nichts gegeneinander auf.
Der Unterschied ist hier lediglich die Vormulierung - und natürlich die Reaktion der Leute.

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15.12.2007, 14:47 Uhr

Holger
Posts: 8116
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Zitat:
Original von _PAB_:
Der Unterschied ist hier lediglich die Vormulierung - und natürlich die Reaktion der Leute.


Es handelt sich nicht einfach um eine Formulierungsfrage. "...würden alle, bis auf eine Person überleben" erweckt den Eindruck, diese eine Person würde zu der Gruppe der Personen gehören, die ohne aktives Eingreifen sterben, wäre also jemand, der ohnehin sterben würde.

Es liest sich also so wie "wenn Du 99 von 100 Personen retten könntest, würdest Du es versuchen?". Da kommt niemand darauf, dass der Fragesteller in Wahrheit von einer 101. Person spricht, die ohne Eingreifen ein Unbeteiligter wäre.

mfg

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Good coders do not comment. What was hard to write should be hard to read too.

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16.12.2007, 02:37 Uhr

_PAB_
Posts: 3016
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@Holger:
In beiden Fällen könntest Du X-1 Personen retten oder X-1 Personen sterben lassen.
Wollen wir jetzt darüber diskutieren, ob in dem einen Fall X=100 und in dem anderen X=101 ist...?
Ich denke das würde am Thema vorbeigehen.

Der wirklich kritische Punkt ist, daß die Leute so unterschiedlich reagieren und X-1 Personen nicht retten wollen, wenn durch ihr eingreifen die X-te stirbt.

Ist unsere Moral da noch richtig ?

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16.12.2007, 12:09 Uhr

Gonozal
Posts: 778
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Moin,

mit Moral hat das meiner Meinung nach nicht so viel zu tun.

Es liegt eher an der Formulierung:
Würdest du 99 Menschen retten, wenn... JA
Würdest du einen Menschen töten, um... NEIN

Eine moralische Frage wird es erst dann, wenn du soweit denkst, dass in beiden Fällen ja das gleiche Ergebnis zustande kommt.
Bei den getrennt gestellten Fragen kannst du aber nicht soweit denken. Da verfängst du dich in den Begriffen RETTEN und TÖTEN. Und die Reaktion darauf ist anerzogen: RETTEN = Gut, TÖTEN = schlecht.

Tschüs,
Gonozal.

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16.12.2007, 12:15 Uhr

DrSpinoff
Posts: 52
[Benutzer gesperrt]
hypothetischer Arschkram

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16.12.2007, 14:00 Uhr

Lemmink
Posts: 2344
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Naja, um es richtig "lustig" zu machen könnte man noch eine dritte Version hinzufügen: ".....diese eine Person ist deine Schwiegermutter" :D
--
Das Grauen hat viele Gesichter und mein Spiegel zeigt mir jeden Morgen ein neues.

Jetzt neuer, aber immer noch nicht interessanter: http://www.lemmink.joice.net

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16.12.2007, 15:00 Uhr

Maja
Posts: 15429
Nutzer
@_PAB_:

In solchen Szenarien mit Moral zu argumentieren, wird der Problemstellung nicht gerecht, denn jede mögliche Entscheidung kann dabei in jedem Fall als moralisch und als unmoralisch bezeichnet werden. Zudem hat die Entscheidung in einer fiktiven Situation keine unwiderrufliche Konseqenzen, kann später sogar wieder geändert werden, ohne das irgendjemandem ein Leid geschieht. Da ist es recht einfach zu entscheiden.

Ob nun Terroranschlag mit Passierflugzeug oder falsche Weichenstellung bei der Bahn. Stelle Dir mal ernsthaft vor, Du wärst der allein verantwortliche Entscheidungsträger. Eine reale Situation, keine Fiktion. Du hast keine Möglichkeit, dich dem Zwang zur Entscheidung zu entziehen und stehst unter enormem Zeidruck. Die Entscheidung kann nicht mit anderen diskutiert werden und die Folgen sind real, absolut und entgültig. Welche Entscheidung wird dein Gewissen weniger belasten? Spielt die Zahl der möglichen Opfer in Realtion zueinander eine Rolle dabei oder nicht? Kannst Du diese Fragen, so oder so, beantworten, ohne dass dabei Restzweifel bleiben?

Ich nicht.

Moral ist eine Erfindung des Menschen, um den Menschen vor sich selbst und vor anderen Menschen zu schützen; der die Absoludität von Naturgesetzen jedoch völlig fehlt. Grenzwertige Entscheidungen beinhalten aus moralischen Gesichtspunkten immer "Gut" und "Böse". Niemand von uns kann, wenn er ehrlich mit sich selbst ist, heute mit Sicherheit sagen wie er im Ernstfall tatsächlich entscheiden würde. Doch egal welche Entscheidung er treffen würde, sie wäre moralisch und unmoralisch zugleich und schon aufgrund dieses Dilemmas aus meiner Sicht zu akzeptieren. Es gibt dabei keine moralisch absolut korrekte Option. Ergo ist die ganze Diskussion darüber höchstens noch dazu geeignet, das Gewissen derer zu beruhigen, die im Ernstfall nicht zu entscheiden haben.

Darum schließe ich mich DrSpirnoff zu 100% an.

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16.12.2007, 15:05 Uhr

DrSpinoff
Posts: 52
[Benutzer gesperrt]
Spinoff, MyLady :rotate:

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16.12.2007, 15:14 Uhr

Maja
Posts: 15429
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Ich hätte ein r in gute Hände abzugeben. ;)

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16.12.2007, 16:02 Uhr

Der_Wanderer
Posts: 1229
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Aber wie wir ja alle aus Star Trek Wissen, akkumuliert sich das Gewicht einer Seele nicht, wie z.B. bei Masse. Also 99 Menschenleben == 1 Menschenleben

D.h. Kapt. Picard's Antwort wäre: - egal, es kommt aufs gleiche raus!
(der Zuschauer wegen würde er aber vermutlich die 99 retten, weil der 1 sich freiwillig überfahren lässt, um so als Held da zu stehen (oder zu liegen))
--
Thilo Köhler, Author von:
HD-Rec, Sweeper, Samplemanager, ArTKanoid, Monkeyscript, Toadies, AsteroidsTR, TuiTED, PosTED, TKPlayer, AudioConverter, ScreenCam, PerlinFX, MapEdit, TK AB3 Includes und viele mehr...
Homepage: http://www.hd-rec.de



[ Dieser Beitrag wurde von Der_Wanderer am 16.12.2007 um 16:06 Uhr geändert. ]

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16.12.2007, 19:19 Uhr

DrNOP
Posts: 4118
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Zitat:
Original von Der_Wanderer:
Aber wie wir ja alle aus Star Trek Wissen, akkumuliert sich das Gewicht einer Seele nicht, wie z.B. bei Masse. Also 99 Menschenleben == 1 Menschenleben

Das heißt, wenn im Zug eine ganze Familie sitzt ist die Entscheidung nichts zu unternehmen sogar "günstiger"? Dann bleibt ja keiner mehr übrig, der dir hinterher die Ohren vollheult und sich beschwert - wenn du den Zug umlenkst und nur einer fehlt hast du auf jeden Fall Streß mit dem Rest seiner Familie ... :P I-)
--
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16.12.2007, 19:49 Uhr

Murmel
Posts: 1459
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Zitat:
Original von Der_Wanderer:
Aber wie wir ja alle aus Star Trek Wissen, akkumuliert sich das Gewicht einer Seele nicht, wie z.B. bei Masse. Also 99 Menschenleben == 1 Menschenleben

D.h. Kapt. Picard's Antwort wäre: - egal, es kommt aufs gleiche raus!
(der Zuschauer wegen würde er aber vermutlich die 99 retten, weil der 1 sich freiwillig überfahren lässt, um so als Held da zu stehen (oder zu liegen))
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[ Dieser Beitrag wurde von Der_Wanderer am 16.12.2007 um 16:06 Uhr geändert. ]


Nun wie wir wiessen spielt in dieser Zeit Geld und Ruhm keine Rolle mehr. Jeder arbeitet nur noch um sich sich selber zu verbessern. also egal wieviel sterben oder ? :D

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17.12.2007, 07:17 Uhr

Solar
Posts: 3680
Nutzer
Schon erstaunlich, wie mancher da herumphilosophiert. Ich stelle mir das mal bildlich vor. Ich im Stellwerk, zwei Züge die aufeinander zurasen, links davon ein Ausweichgleis auf dem einer, meinetwegen auch ein halbes Dutzend Leute rumlaufen.

Kann da irgendjemand allen ernstes behaupten, er würde die Weiche nicht umstellen, weil er es "moralisch nicht verantworten" könnte?

Von Moral und Logik mal abgesehen, möchte ich denjenigen dann mal vor Gericht sehen, denn auch für Unterlassung kann man belangt werden. (Nicht im Sinne von "der gehört verknackt", sondern aus Interesse wie die Justiz das sehen würde.)

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17.12.2007, 10:39 Uhr

lynx_hitmen
Posts: 281
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@_PAB_:
hauptsache ich überlebe es
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17.12.2007, 11:01 Uhr

Bogomil76
Posts: 2800
Nutzer
Der der auf dem Gleis rumrennt, hat ja theoretisch noch die Chance auszuweiche, was zwei aufeinanderfahrende Züge evtl. nicht haben.

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17.12.2007, 11:08 Uhr

Holger
Posts: 8116
Nutzer
Zitat:
Original von _PAB_:
@Holger:
In beiden Fällen könntest Du X-1 Personen retten oder X-1 Personen sterben lassen.
Wollen wir jetzt darüber diskutieren, ob in dem einen Fall X=100 und in dem anderen X=101 ist...?
Ich denke das würde am Thema vorbeigehen.


Wie Gonozal schon richtig bemerkte, geht es um etwas völlig anderes. Nicht um X=100 oder X=101, sondern darum, dass erste Frage impliziert, dass Du lediglich nicht alle retten kannst, während zweite Frage das bewusste Töten beinhaltet. Aber eigentlich hätte ich auch gedacht, dass meine Formulierung "ohne Eingreifen ein Unbeteiligter" den Unterschied vollkommen klar macht.

Das ist keine moralische Bewertung meinerseits, sondern erklärt lediglich den Unterschied in den Antworten der Testpersonen.

Wenn Du es noch ausweiten willst, kannst Du Dir die Frage nach dem Flugzeugabschuss, wenn Terroristen die Maschine in ein Hochhaus steuern wollen, noch mal genau anschauen. Das ist nämlich eine Dritte, wiederum andere Situation.

Hier wird kein Unbeteiligter durch Dein Handeln mit hineingezogen, sondern "lediglich" Menschen, die ohne Dein Eingreifen auch sterben würden, auf andere Art, nämlich durch Deinen Abschuss getötet, um die Menschen im Hochhaus zu retten.

mfg

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17.12.2007, 11:22 Uhr

Holger
Posts: 8116
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Zitat:
Original von Solar:
Ich im Stellwerk, zwei Züge die aufeinander zurasen, links davon ein Ausweichgleis auf dem einer, meinetwegen auch ein halbes Dutzend Leute rumlaufen.

Kann da irgendjemand allen ernstes behaupten, er würde die Weiche nicht umstellen, weil er es "moralisch nicht verantworten" könnte?

Das sind zwei verschiedene Paar Schuhe.
Erstmal ist da die Frage nach der Moral, die sich dann als knifflig herausstellen kann, wenn sich hinterher herausstellt, dass in den Zügen außer den Lokführern niemand gesessen hat, während auf dem Ausweichgleis dreißig Leute getötet wurden...

Was man tatsächlich tut, ist wiederum etwas anderes, selbst bei moralisch zweifelsfreien Handlungen. Wer glaubt, er renne sofort ohne zu zögern ins brennende Haus, um alle herauszuholen, steht möglicherweise plötzlich wie gelähmt da, zu nichts in der Lage, während ein sonst ängstlicher Mensch womöglich erst hinterher wieder zu sich kommt, wo man ihm sagt, dass er gerade ein Dutzend Leute herausgeschleift habe.

Moralische Zwickmühlenfragen taugen normalerweise nur zu einem: die moralische Komponente zu diskutieren. Antworten kommen dabei sowieso nie raus. An die würde man sich am Ende sowieso nicht halten.

Deshalb ist die juristische Frage, die Du angesprochen hast, kaum existent. Niemand wird dafür belangt, andere nicht getötet zu haben, auch wenn es andere hätte retten können.
Deshalb darfst Du ja auch den Dienst an der Waffe verweigern. Obwohl unsere Armee ja nur andere rettet und ihnen Frieden, Freiheit und Demokratie bringt ;)

mfg

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17.12.2007, 14:46 Uhr

Solar
Posts: 3680
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Irgendwie erkenne ich nicht, worauf Du mit Deinem Beitrag hinauswillst.

Zitat:
Original von Holger:

Erstmal ist da die Frage nach der Moral, die sich dann als knifflig herausstellen kann, wenn sich hinterher herausstellt, dass in den Zügen außer den Lokführern niemand gesessen hat, während auf dem Ausweichgleis dreißig Leute getötet wurden...


"Beide Züge haben ungefähr hundert Fahrgäste." <- Prämisse des Gedankenexperiments.

Zitat:
Was man tatsächlich tut, ist wiederum etwas anderes, selbst bei moralisch zweifelsfreien Handlungen.

Gut, habe ich vielleicht etwas zu "real" formuliert. Anders ausgedrückt: Für mich gibt es überhaupt keinen Zweifel daran, was ethisch, moralisch und logisch die richtige Entscheidung wäre, und kann darüber hinaus nicht wirklich nachvollziehen, wie man bei der originalen Fragestellung überhaupt zögern kann.

Zitat:
Deshalb ist die juristische Frage, die Du angesprochen hast, kaum existent. Niemand wird dafür belangt, andere nicht getötet zu haben, auch wenn es andere hätte retten können.

Sagst Du. Mich würde halt interessieren, ob man aus dem genannten Gedankenexperiment eine unterlassene Hilfeleistung o.ä. konstruieren könnte, wenn jemand bewußt die beiden Züge aufeinanderknallen läßt, um den einen Menschen auf dem Nebengleis zu "schonen".

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17.12.2007, 23:17 Uhr

NoImag
Posts: 1050
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Zitat:
Original von Solar:
Sagst Du. Mich würde halt interessieren, ob man aus dem genannten Gedankenexperiment eine unterlassene Hilfeleistung o.ä. konstruieren könnte, wenn jemand bewußt die beiden Züge aufeinanderknallen läßt, um den einen Menschen auf dem Nebengleis zu "schonen".


Wenn Du, um jemanden zu retten, Dich oder einen Unbeteiligten gefährden musst, dann brauchst Du selbstverständlich keine Hilfe zu leisten.

Was Du machst ist eine Aufrechnung von Menschenleben. Wenn ein Gericht Deiner Argumentation folgen würde, dann würde auch das Gericht diese Aufrechnung durchführen. Diese Aufrechnung verstößt nach höchstrichterlicher Meinung aber gegen die Würde des Menschen. Daher darf kein Gericht diese Aufrechnung machen und somit auch nicht Deiner Argumentation folgen. Also wird es auch keine Verurteilung wegen unterlassener Hilfeleistung geben. Es wird aber erwartet, dass die Person im Stellwerk unverzüglich die Hilfskräfte alarmiert, um zu retten, was noch zu retten ist.

Umgekehrt wird die Person im Stellwerk aber auch kaum befürchten müssen, wegen Totschlags verurteilt zu werden, wenn sie die Weiche umstellt.

Tschüß



[ Dieser Beitrag wurde von NoImag am 17.12.2007 um 23:20 Uhr geändert. ]

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18.12.2007, 01:27 Uhr

Maja
Posts: 15429
Nutzer
Langsam Leute. Diese Gedankenspiel unterstellt, dass der "Stellwerker" von der Person auf dem Gleis weiß. Das halte ich in der Praxis für sehr unwahrscheinlich. Zumal das höchstens ein Ausweichgleis sein könnte, das für die Vollbremsung eines Zuges mit mehreren Wagons aus voller Fahrt ohnehin zu kurz wäre. Würde mal sagen, wenn überhaupt, ginge es um die Entscheidung, ein oder zwei Züge voll Passagiere "opfern". Diese Frage wird sich kaum ein "Stellwerker" stellen, sondern versuchen zu retten was zu retten ist und sofort alle Signale auf dem Streckenabschnitt auf Halt stellen. In der Hoffnung, die Folgen des Zusammestoßes durch Abbremsen der beiden Züge noch mindern zu können.

Soll heißen. Wie sinnvoll ist es, sich über eine Entscheidung den Kopf zu zerbrechen, die real so vermutlich nie jemand zu treffen haben wird? Da kann ich gleich darüber nachdenken, was ich wohl tun soll, wenn der Atlantik in unseren Keller läuft. Im schönen Dreiländereck. ;)



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18.12.2007, 09:31 Uhr

Rj1976
Posts:
[Ex-Mitglied]
Also ich als Psychologo würde sagen ... Stell die gleise um, und ernte die Medallien und den Lob der Medien... Dann vergisst du ganz schnell den einen toten... :-) ... Ist hart aber so spielt unser hirn... Wir sind alle irgendwo sehr egoistich... Sieht man auch sehr hier auf die seiten wo ganz oft und mit gaaaaaanzzz langen setzten diskutiert wird über NIX :-S ...


Aber mal anders... Ich hätte da ein, zwei oder drei leute die ich sofort auf das gleis stellen würde :-) ... Oder einfach schwarz weiss anmalern und als zebrastreifen auf die strassen schmeissen würde :-)



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18.12.2007, 13:06 Uhr

Holger
Posts: 8116
Nutzer
Zitat:
Original von Solar:
Gut, habe ich vielleicht etwas zu "real" formuliert. Anders ausgedrückt: Für mich gibt es überhaupt keinen Zweifel daran, was ethisch, moralisch und logisch die richtige Entscheidung wäre, und kann darüber hinaus nicht wirklich nachvollziehen, wie man bei der originalen Fragestellung überhaupt zögern kann.

Falls Du damit eben jenes Aufrechnen von Menschenleben meinst, nun NoImag hat mit der Erklärung der juristischen Lage auch gleich erläutert, warum die moralische Frage eben nicht eindeutig zu beantworten ist. Der Entscheider hat die Wahl, hinterher im Bewusstsein, jemanden getötet zu haben, oder im Bewusstsein, Menschen nicht gerettet zu haben, zu leben. Beides kann einen (und wird die meisten) den Rest des Lebens verfolgen.

Wenn Du glaubst, man könne das auch rational in Zahlen bewerten, dann geb ich Dir folgende Rechnung:

Ein Mensch entscheidet in dieser Situation, die hundert Menschen zu retten und einen zu opfern. Diese Entscheidung hinterlässt bei ihm psychische Spuren, die dazu führen, dass er später, in einer ähnlichen Situation, bei der aber tausend Menschen im Zug sitzen, handlungsunfähig ist, und die Weiche nicht umstellt.

Was nun?

mfg

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18.12.2007, 13:13 Uhr

Holger
Posts: 8116
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Zitat:
Original von Maja:
Diese Gedankenspiel unterstellt, dass der "Stellwerker" von der Person auf dem Gleis weiß. Das halte ich in der Praxis für sehr unwahrscheinlich.

Das gilt für die gesamte Frage. Deshalb ist es ja auch nur ein Gedankenspiel.
Zitat:
Soll heißen. Wie sinnvoll ist es, sich über eine Entscheidung den Kopf zu zerbrechen, die real so vermutlich nie jemand zu treffen haben wird?
Es gibt Politiker, die die vom Steuerzahler bezahlte Arbeitszeit damit verschwenden, über ähnliche Gedankenspiele nachzudenken. Die darauf so lange rumreiten, bis auch noch die vom Steuerzahler bezahlte Arbeitszeit der höchsten Richter unseres Landes dafür verschwendet wird, ihn stoppen zu müssen.

mfg

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18.12.2007, 20:06 Uhr

Andreas_Wolf
Posts: 2980
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> Also ich als Psychologo würde sagen [...] Wir sind alle irgendwo
> sehr egoistich... Sieht man auch sehr hier auf die seiten wo ganz
> oft und mit gaaaaaanzzz langen setzten diskutiert wird über NIX

Einem Psychologen, der den Egoismus-Begriff in so völlig falscher Weise benutzt, sollte man das Diplom aberkennen.

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18.12.2007, 20:52 Uhr

Wolfman
Posts: 3669
Nutzer
Nein, ich fang jetzt nicht wieder mit den -ogen an ;)
--
God forgives - who forgives God ?

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18.12.2007, 23:25 Uhr

Maja
Posts: 15429
Nutzer
@Holger:

Ich kanns für Dich auch umformulieren. Wie sinnvoll ist es, sich in seiner unbezahlten Freizeit über eine Entscheidung den Kopf zu zerbrechen, die real so vermutlich nie jemand zu treffen haben wird? :P

@Andreas_Wolf

Es wundert schon, was so alles zum Psychologiestudium zugelassen wird. Mal rein orthographisch und grammatikalisch betrachtet.

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19.12.2007, 02:22 Uhr

Maja
Posts: 15429
Nutzer
@NoImag:

Hm. Verhältnismäßigkeit der Mittel. Im Zug-Beispiel greift das nicht. Stimmt. Aber was ist mit dem voll besetzten Flugzeug als Waffe? Ich stimme Holger da zu. Ob Abschuss oder nicht ist dabei keine Frage des Abwägens von Menschenleben. Gerettet werden können nur jene am angesteuerten Absturzort. Das ist kaum von der Hand zu weisen. Ich bin bestimmt nicht kaltblütig, halte es aber für etwas zu einfach, sich der Frage, ob Abschuss oder nicht, so kategorisch gar nicht stellen zu wollen wie viele Politiker es tun. Hat ein wenig den Beigeschmack von Populismus. Man könnte vom Wähler schließlich schief angeguckt werden, wenn man ernsthaft darüber diskutiert, was immerhin theoritisch dazu führen könnte, dass man für den Abschuss stimmt. Das wiederum ist schwieriger zu erklären als ein Nein zum Abschuss.

[ Dieser Beitrag wurde von Maja am 19.12.2007 um 02:22 Uhr geändert. ]

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19.12.2007, 19:38 Uhr

Holger
Posts: 8116
Nutzer
@Maja:
Es gibt auf die Abschussfrage keine präzise Antwort, weil auch die Frage nicht immer die gleiche ist. Was unsere Richter ablehnten, war der Freibrief zum Abschuss per Gesetz. Womit z.B. ein Kampfpilot weiterhin das Recht hat, einen Befehl zu solch einem Abschuss zu verweigern. Das heißt aber nicht, dass ein solcher Abschuss generell unmöglich wäre. Er bleibt eine Einzelfallbetrachtung und -entscheidung.

mfg

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