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20.11.2007, 21:42 Uhr Bingo Posts: 846 Nutzer |
Hallo liebe Leute! Heute hat mich eine interessante Nachricht erreicht! Am Sonntag, dem 25. November findet in Berlin eine Kunstaktion statt: Ein "Grüner Taler" von 2 Meter Durchmesser soll vom Brandenburger Tor, das Holocaust-Denkmal umrundend, zum Kanzleramt gerollt werden. Bild: http://shutter02.pictures.aol.com/data/pictures/14/009/1A/FF/7D/E2/3f+HbsB+OzRqUcmrgjtQNEi+Dj-45bAZ0300.jpg Sehr geehrte Damen und Herren, bezugnehmend auf unser Gespräch vom heutigen Tage erlaube ich mir anbei die Übersendung einer Kurzinfo zu der Sozialen Plastik "Grüner Taler" von Doktor Rolf Jägersberg. Herr Dr. Jägersberg kam vor einigen Jahren auf einer Urlaubsreise mit einem Contergan-Geschädigten in Kontakt und war zufiefst betroffen von dessen Schilderungen. Seit jener Zeit war Dr. Jägersberg auf der Suche nach einer Möglichkeit, das Thema Contergan durch eine soziale Plastik erneut in den Focus der Öffentlichkeit zu rücken. Angeregt durch den Film "Eine einzige Tablette" entstand die nachfolgend skizzierte soziale Plastik "Grüner Taler". Zur Person Dr. Jägersberg: --------------------------------------- Dr. Jägersberg lebt und arbeitet in Aachen. Er betreibt dort sowohl seine zahnärztliche Praxis im Zentrum der Stadt am Theaterplatz, als das Atelier/die Galerie "ateriel". Für weitere Informationen zur Biographie und den Arbeiten von Dr. Jägersberg erlaiube ich mir auf die Seite http://www.erjott.de zu verweisen, wo man einen schnellen Überblick über die Person und das bisherige Wirken von Dr. Jägersberg erhalten kann. Zur Plastik: ----------------- Zum Verständnis des Begriffs Soziale Plastik bzw. Soziale Skulptur bedarf es sicherlich der Auseinandersetzung mit den Arbeiten von Joseph Beuys zu diesem Thema. Beuys stellte erstmals Kunst bewußt in einen gesellschaftsverändernden Kontext. Kunst nicht als elitäre Unterhaltung/ Erbauung der Wenigen, sondern als Werk, welche die Interaktion von möglichst vielen Menschen zum und mit einem Werk ausdrücklich einschließt und auf die Formung und Veränderung der Gesellschaft abzielt. Ich erlaube mir dazu auf den sehr gut verknappten Artikel auf "Wikipedia" zu verweisen. http://de.wikipedia.org/wiki/Soziale_Plastik Zur Aktion "Grüner Taler": ------------------------------------- Am Totensonntag, dem 25. November 2007 wird Herr Jägersberg einen grünen Taler (dazu die Entwürfe im Anhang) von über 2m Durchmesser vom Brandenburger Tor vorbei am Mahnmal der Juden hin zum Kanzleramt rollen. Plastik, Termin und Route sind symbolhaft gestaltet und gewählt. Auf Vorderseite des Talers wird in stilisierter Form ein Contergan schwer geschädigter Mensch gezeigt. Die Vereinfachung der schweren Verstümmelung der Contergan-Opfer dient der Möglichkeit zum schnellen Transport des Schreckens in das Bewußtsein des Betrachters und gleichsam hat der Ansatz einer kinderartigen Zeichnung durch die Klarheit seiner scheinbar naiven Sicht einen Verstärkungseffekt. Der Schriftzug "J'accuse" neben der Figur am Rand der Plastik ist eine Anleihe auf den berühmten Artikel J'accuse...! (Ich klage an...!) im Zusammenhang mit der Dreyfus-Affäre um den fälschlich wegen Landesverrats verurteilten Offiziers Alfred Dreyfus. Das Piktogramm des verstümmelten Contergan-Opfers ruft gleichsam dem Betrachter zu : "J'accuse" (ich klage an)... dem Betrachter wird zugerufen: "...ich verklage Dich wegen Deiner Stummheit, Deiner Duldung... wie lange noch?..." Und gleich wie in der Affäre Dreyfus geht im Contergan-Skandal um die Verzerrung und Verleugnung der Wahrheit. Die Bezichtung der Opfer "...wieviel haben Sie während ihrer Schwangerschaft getrunken?...". Es um die Manipulation der öffentlichen Meinung und der Gerichte. Auf der Rückseite erscheint eine Zahlprägung . Dies steht symbolisch für die das schmerz- und leidgespeiste Grünental-Kapital. Ebenso ist dies auch Ansatz für den Aufruf zur Spende an die Allgemeinheit in einen Fond der Verbände der Geschädigte, da erst die weitgehend stumme Allgemeinheit und die in unbegreiflichem Maße gleichgeschaltete Politik jene Tragödie möglich gemacht haben. Ebenso auf der Rückseite findet sich der Schriftzug "Grüner Taler". Grün wie Grünental. Taler verweist auf die obig skizzierte Zahlprägung. Die Farbe der kreisrunden Skulptur ist Leuchtgrün. Mit dem Leuchtgrün als Signalfarbe sucht die Plastik bewußt auch hier die Aufmerksamkeit des Betrachters, sucht Öffentlichkeit. Durch Berlin als Ort der Plastik, trägt die Plastik gleichsam das Thema in das Herz der Republik. Das Brandenburger Tor, vom Erbauer einem Propylon der Antike nachempfunden, (als Zugang und schützende Umfriedung eines Heiligtums) steht dabei für das Innerste dieses Landes. Nirgendwo wie in Berlin wurde und wird das Schicksal dieser Republik so geprägt und beeinflußt. Die Siegesgöttin auf dem Brandenburger Tor lenkt ihren Wagen in die Mitte der Stadt. Dabei müssen die Contergan-Opfer sich fragen, wo für sie der langersehnte Sieg bleibt, die Wiedergutmachung. Oder sind sie nur Bürger 2. Klasse in einer der stärksten Nationen der Welt? Ist der Sieg nur für die Gesunden und Starken gedacht? Das Brandenburger Tor steht als Symbol für den Zugang zum Herzstück dieser Nation, gleichermaßen zum Heiligtum. Doch einmal mehr ist das Heiligtum durch schändliches Handeln entweiht. Im Contergan Skandal finden sich Ereignisse, welche unser Vertrauen in viele Bestandteile des wundervoll Selbstverständlichem dieser Demokratie tief erschüttern. Möglicherweise ist auch deshalb die Leugnung dieser Erschütterung deshalb auch so umfassend. Und der Versuch der Vertuschung. Die Route führt vorbei am Mahnmal der Juden und umrundet dieses. Schon einmal gab es die unselige Praxis der Menschenversuche. Jüdische Menschen haben davon leidvolle Erfahrung machen müssen. Die Opfer von Contergan erneut. Um das Geld für einen möglicherweise entlarvenden Versuch mit einem Affen zu sparen, nahm man mutmaßlicherweise bei Grünental zumindest billigend das Leid der unfreiwilligen Feldversuch-Probanden in Kauf. Das Ergebnis steht in seiner Grausamtkeit den Versuchen in nichts nach, welchem auch das Mahnmal der Juden gewidmet ist. Das Kanzleramt als Schlußpunkt der Route steht symbolhaft für den politischen Kopf der Republik, durch welchen für uns alle und auf höchster Ebene über den Umgang mit der Vergangenheit ( und somit auch den Contergan-Skandal)und der Gegenwart (der Frage der unzureichenden Versorgung der Opfer durch Entschädigung). Doch noch viel mehr geht es ebenso um unser aller Zukunft, denn der Umgang mit Medikamtensicherheit ist in einer immer älter werdenden Gesellschaft ein zentrales Thema. Viele Entwicklungen auch auf EU-Ebene können da sehr bedenklich stimmen. Und so ist der Umgang mit den Contergan-Folgen keinesfalls eine Frage der wenigen Überlebenden, sondern eine Frage höchstem Wert für uns alle. Zu der Bitte um Unterstützung: __________________________ Für die soziale Skulptur "Grüner Taler" sucht Dr. Jägersberg nach Kontakt und Unterstützung durch die Betroffenen-Verbände. Wichtige Hilfe der sozialen Skulptur wäre eine Teilnahme von Betroffenen an der Skulptur am 25. 11., insofern dies ihr gesundheitlicher Zustand zuläßt. Herr Dr. Jägersberg würde gern die Skulptur mit der Hilfe von Betroffenen die obig skizzierte Route entlang bewegen. Die Skulptur ist nicht als Plastik über Betroffene gedacht, sondern als eine Plastik mit Ihnen. Die Kurzfristigkeit der Durchführung ergibt sich aus der kurzen Aufmerksamkeitsspanne der Öffentlichkeit, wenn erst einmal ein Thema in den Focus der Allgemeinheit gerückt ist (in diesem Falle war der Film der auslösende Faktor). Nach bisherigen Erfahrungen wird sich das Interesse der Öffentlichkeit spätestens nach drei Wochen nach dem Schlüsselereignis vollständig wieder anderen, neuen Themen zuwenden. Dann ist es mittelfristig nahezu unmöglich erneut eine breite Öffentlichkeit für dasselbe Thema zu interessieren. Mit freundlichen Grüßen i. A. Njankouo -- MfG Bingo [ Dieser Beitrag wurde von Bingo am 20.11.2007 um 21:45 Uhr geändert. ] [ - Antworten - Zitieren - Direktlink - ] |
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